Was Sie schon immer über den Querverschub wissen wollten

21,74 Meter

Verschubweg

48.460 Tonnen

Gewicht des Überbaus

1,5 Meter

maximale Geschwindigkeit in der Stunde

820 Meter

Länge der Vorlandbrücke

Der bisherige Neckartalübergang wurde in den Jahren 1964 bis1967 im Zuge des Ausbaus der damals „Neckarlinie“ genannten Autobahn von Mannheim nach Heilbronn gebaut. Mit der Zunahme des Verkehrsaufkommens auf der A 6 als wichtiger Ost-West-Verbindung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 stieß auch das Bauwerk bald an seine Grenzen. Ursprünglich war die Strecke für maximal 60.000 Fahrzeuge am Tag (24 Stunden) ausgelegt, heute sind es bis zu 100.000 Fahrzeuge am Tag. Diese Belastung und vor allem der mit rund 30 Prozent  hohe Schwerlastanteil setzte gerade der Stahlbrücke über den Neckar zu.

Um den auftretenden Ermüdungserscheinungen zu begegnen, wurden ab Beginn der 2000er Jahre teilweise sehr aufwändige Sanierungsmaßnahmen umgesetzt. Im Zuge der Planung des sechsstreifigen Ausbaus der A 6 fand dann eine grundsätzliche Abwägung (Wirtschaftlichkeitsbetrachtung) zwischen einer weiteren Erhaltung des alten Neckartalübergangs und einem Ersatzneubau statt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass Investitionen in weitere Sanierungen, auch im Hinblick auf die Restnutzungsdauer, nicht mehr wirtschaftlich wären. Vor diesem Hintergrund hat man sich für einen Neubau entschieden.

Die Planung zum Ersatzneubau des Neckartalübergangs geht ins Jahr 2012 zurück, federführend war das Bauingenieurbüro Leonhardt, Andrä & Partner (Stuttgart). Es handelt sich um das größte Teilprojekt beim sechsstreifigen Ausbau der A 6 zwischen der Anschlussstelle Wiesloch/Rauenberg und dem Weinsberger Kreuz. Der Ausbau wurde am 1. Januar 2017 als öffentlich-private Partnerschaft an die Projektgesellschaft ViA6West vergeben, die für 30 Jahre auch Finanzierung, Planung, Erhaltung und Betrieb der 47,2 km langen Vertragsstrecke (inklusive Neckartalübergang) übernahm. Auftraggeberin ist die Bundesrepublik Deutschland, die Überwachung der vertraglich vereinbarten Leistungen liegt bei der Autobahn GmbH Niederlassung Südwest. Die Bauarbeiten werden von einer Arbeitsgemeinschaft aus HOCHTIEF Infrastructure und der JOHANN BUNTE Bauunternehmung ausgeführt.

Der neue Neckartalübergang besteht aus zwei Überbauten je Fahrtrichtung: der Vorlandbrücke aus zweistegigen Spannbeton-Plattenbalken (824 Meter) sowie der Neckarbrücke als Trogquerschnitt in Stahlverbundbauweise (513 Meter). Die Vorlandbrücke wurde mit Hilfe einer Vorschubrüstung hergestellt, die Neckarbrücke im Längsschubverfahren taktweise auf ihre Pfeiler geschoben. Beim Zusammentreffen der beiden Überbauten auf dem Trennpfeiler konnte dann Brückenhochzeit gefeiert werden, zuletzt auf der Südseite am 6. Juni 2021.

Der nördliche Teil des Neckartalübergangs wurde Anfang 2019, pünktlich zur Bundesgartenschau in Heilbronn, in provisorischer Seitenlage fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben. Es folgten der Rückbau der alten Brücke und die Herstellung des südlichen Überbaus. Im November 2021 wurde der Verkehr darauf umgelegt. Der nächste Meilenstein: Am 13. Januar 2022 wird mit dem Querverschub der nördlichen Vorlandbrücke in ihre Endlage das Finale des A 6-Ausbau eingeläutet. Im Februar soll der Verschub der Neckarbrücke folgen, bevor dann im Spätsommer die Freigabe der Gesamtstrecke gefeiert werden kann.

Theoretisch hätte man ein Bauwerk, das die Neckaraue überspannt, auch als reine Spannbeton- oder Stahlverbundkonstruktion herstellen können. Das Problem bei einer reinen Spannbetonkonstruktion sind die geringeren Spannweiten bei einem filigranen Überbau, welcher für die Durchfahrtshöhe auf Neckar, Neckarkanal, Kanalstraße und Bahnlinie notwendig ist. Alternativ hätte man zusätzliche Stützen im Neckar bauen müssen, die den Überbau tragen. Die gesamte Brücke als Stahlverbundkonstruktion herzustellen wurde bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verworfen, da diese Bauweise deutlich teurer geworden wäre.

Wegen der infrastrukturellen Bedeutung der A 6 und der hohen Verkehrsbelastung auf der Strecke musste der Verkehr während des gesamten sechsstreifigen Ausbaus aufrechterhalten werden. Deshalb wurde der nördliche Brückenüberbau zunächst in provisorischer Seitenlage neben dem alten Neckartalübergang hergestellt. Erst nachdem der Verkehr darauf umgelegt worden war, konnte der alte Neckartalübergang zurückgebaut werden. Nun muss der nördliche Brückenüberbau in seine Endposition verschoben werden.

Der nördliche Brückenüberbau befindet sich in seiner provisorischen Seitenlage nicht in der ursprünglichen Linienführung der A 6. In Höhe der Anschlussstellen Neckarsulm und Untereisesheim gab es (vor der Verkehrsumlegung auf den südlichen Überbau) deshalb bauzeitliche Verschwenkungen. Da bei diesen Verschwenkungen jeweils Geschwindigkeitsreduzierungen notwendig waren, um die Sicherheit des Verkehrs zu gewährleisten, ist diese Verkehrsführung nicht als dauerhafter Zustand möglich. Die Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) geben u.a. vor, dass derartige Kurven einen Mindestradius von 3000 Metern haben müssen. Hinzu kommt, dass durch den Ausbau auch die nördliche Bebauung näher an die A 6 herangerückt ist. Deshalb ist hier auch der Lärmschutz zwingend zu berücksichtigen.

Die Fahrbahn der A 6 auf dem Neckartalübergang verläuft an der höchsten Stelle auf ca. 15 Metern über Grund. Mit den gewählten Überbauten ist so auch die Durchfahrtshöhe auf den darunterliegenden Verkehrswegen (Straße, Bahn, Neckar) gegeben.

Das lichte Maß von nördlichem und südlichem Übergang, also die Breite von Außenkante zu Außenkante, beträgt jeweils exakt 21,79 Meter. Die Nutzbreite, d.h. die Breite der drei Fahrstreifen sowie des Standstreifens zusammen, beträgt jeweils 18,50 Meter.

Der neue Brückenzug steht künftig auf 99 konischen Pfeilern.

Die 21 Pfeilerachsen der Vorlandbrücke sind in einem regelmäßigen Achsabstand von 38 Metern voneinander entfernt. Die  fünf Pfeilerachsen der Neckarbrücke überspannen an der weitesten Stelle über dem Neckar einen Abstand von 131 Metern.

Der Überbau des rund 820 Meter langen Brückenteils wiegt einschließlich der darauf befindlichen Lärmschutzwand 48.460 Tonnen – das ist knapp fünfmal so viel wie der Eiffelturm.

In Anbetracht von Gewicht und Länge der Vorlandbrücke handelt es sich um einen der größten Verschübe in Querrichtung, die es bisher gegeben hat.